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Wer macht den Sport kaputt? Doping, Kontrolle und Menschenwürde

Wer die öffentliche Diskussion zum Umgang mit dem Dopingmissbrauch im nationalen wie im internationalen Spitzensport aufmerksam verfolgt wird feststellen, dass immer neue Vorschläge vorgetragen werden, ohne dass man den Eindruck gewinnen kann, dass die Wurzel des Übels, das den Sport (und dabei bei Weitem nicht nur den Spitzensport) in seinen Grundfesten erschüttert und immer mehr in Frage stellt, wirklich erkannt und nachhaltig bekämpft wird. Man sei auf dem richtigen Weg, der Abstand zwischen Dopern und Kontrolleuren sei deutlich kürzer geworden, die Kontrollnetze werden immer engmaschiger, ist da zu hören, aber auch manch abenteuerliche Erklärung von Sportlern mit einer positiven Dopingprobe, wie es denn zu diesem "Betriebsunfall" gekommen sei. Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen von den Medizinern, Trainingswissenschaftlern, Soziologen, Politikwissenschaftlern, Psychologen bis hin zu den Ökonomen haben sich inzwischen des Themas angenommen wie auch Medienleute auf der Dauersuche nach Tätern und deren Umfeld, nach verantwortlichen (oder verantwortungslosen) Funktionären in Vereinen und Verbänden sind und die medizinischen Betreuungsnetzwerke argwöhnisch betrachten. Abe auch die Medien selbst sind Teil der Gesamtszenerie, ist der Spitzensport doch, wie Dave Zirin feststellt, eine Massenvergnügungswaffe. Im vorliegenden Sammelband werfen Vertreter unterschiedlicher Medien, Publizisten und Herausgeber, Literaturwissenschaftler und freie Journalisten einen Blick auf diesen diabolischen Kreislauf des Dopings im Spitzensport. Dabei wird manch interessanter Aspekt der aktuellen Debatte um Doping, Dopingmissbrauch, Täter und Opfer deutlich. So beleuchtet Dave Zirin ein in der europäischen Diskussion weitgehend unbekannten Zusammenhang zwischen Doping im amerikanischen Baseball und Rassismus. Thomas Ebermann stellt die Frage, ob Doping im Sport nicht der Korruption in der Gesellschaft insgesamt gleichzusetzen ist und deshalb es eher unwahrscheinlich sei, den Kampf gegen das Doping jemals erfolgreich führen zu können. Oder Stefan Chatrath wirft die Frage nach der Verantwortlichkeit von Sponsoren für den Umgang mit Doping bzw. für den Kampf um einen von Doping freien (Rad)Sport auf. Und Hans Ulrich Gumbrecht fragt, wie die Zuschauer tatsächlich damit umgehen, dass Stars, denen sie zujubeln, die bejubelten Leistungen offensichtlich nicht immer im "cleanen" Zustand erbracht haben - berührt es sie wirklich nachhaltig oder ist ihnen das Spektakel, die Show und das Dabeisein nicht wichtiger als ein "sauberer" Sportler. Letztlich steht die Moral des Sports, der sich in einer Gesellschaft, in der Augenkorrekturen, Burstverkleinerungen, Brustvergrößerungen, Facelift, Faltenunterspritzung, Lippenmodellierung, Fettabsaugungen, nahezu zum Standard gehören, um Topp zu sein, auf dem Prüfstand und es stellen sich Fragen danach, wie "besonders" der Sport sein kann und will, um sein Image von Fairness im sportlichen Wettstreit, damit der Beste (Saubere möchte man hinzufügen) gewinnen möge, erhalten oder wiederherstellen kann
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Schlagworte: Doping staatlich Gesetz Recht Sportverband national international Bundesrepublik Deutschland USA Sportgeschichte Sportpolitik Radsport Zuschauer Leistungssport Hochleistungssport
Notationen: Sportgeschichte und Sportpolitik Sozial- und Geisteswissenschaften Leitung und Organisation
Herausgeber: R.-G. Schulze, M. Krauss
Veröffentlicht: Berlin 2008
Ausgabe: Berlin: Verbrecher, 2008.- 173 S.
Seiten: 173
Dokumentenarten: Buch
Sprache: Deutsch
Level: niedrig