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Ein akustischer Messplatz zur Erfassung der Stabilität des motorischen Programms der Schussauslösung im Recurve-Bogenschießen

Der Bewegungsablauf eines Schusses mit einem Recurve-Bogen lässt sich von außen betrachtet folgendermaßen beschreiben: Der Schütze spannt den Bogen, indem er den Pfeil bis zu einem am Bogenmittelteil angebrachten kleinen Metallplättchen zieht (dem sogenannten Klicker), in dieser Position fixiert und zielt. Hierauf zieht er den Pfeil über den Klicker und schießt den Pfeil ab (vgl. Abb. 1, nach Edelmann-Nusser, Gruber & Gollhofer, 2004, S. 86). Untersuchungen zur Bewegungsregulation beim Bogenschießen haben gezeigt, dass Schützen auf hohem nationalen bzw. internationalen Niveau das motorische Programm der Schussauslösung im Sinne einer Open-Loop-Bewegung bereits vor dem Moment des Klickerns initiieren. Das Geräusch des Klickers beim Berühren des Bogenmittelteils dient demnach nicht als Feedback für die Auslösung des aktuellen Schusses (Edelmann-Nusser, 2005, S.101). Sieben Kaderschützen der deutschen Nationalmannschaft absolvierten jeweils 30 Schüsse auf 18 m Distanz in der Halle (Zielscheibe: vertikale FITA 40 cm Dreifach-Auflage) unter der Bedingung, eine möglichst hohe Trefferquote (TQ) zu erzielen. Die Ringwertung wurde durch Notation von Zehntelschritten erweitert, d. h. der maximale Erfolg (Scheibenzentrum) wurde mit 11 gewertet. Für die Ermittlung der Klickerzeiten (TKl) und der durchschnittlichen Pfeilgeschwindigkeiten (vPf) wurde das von Horsak und Mitarbeitern (2010) entwickelte akustische Messsystem verwendet (vgl. Abb. 2), welches den Schall vom Klicker (A), das Lösen des Pfeils vom Bogen (B) und das Auftreffen des Pfeils auf der Zielscheibe (C) über ein externes Audiointerface mit einer Frequenz von 96kHz und einer Auflösung von 24Bit erfasst. Die Regressionsanalyse ergab, dass 66% der Varianz der Trefferquote durch den Variabilitätskoeffizienten (VK) der Klickerzeiten (TKl) erklärt werden können (R = 0,85; korrigiertes R² = 0,66; Standardfehler des Schätzers = 0,16; F = 12,78; p = 0,016). Eine Interpretation der Ergebnisse ist insofern problematisch, da der Stichprobenumfang gering ist. Um den Einfluss von den Ergebnissen einzelner Schützen auf das Gesamtergebnis zu überprüfen, wurde eine Form der Kreuzvalidation ("Leave-One-Out") gewählt, bei der jeweils ein Datensatz entfernt und sieben mal die Analyse mit den verbliebenen sechs Datensätzen durchgeführt wurde. Alle korrigierten R² lagen mit Irrtumswahrscheinlichkeiten p < 0,03 zwischen 0,66 und 0,75. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung unterstützen die Hypothese, dass im Recurve- Bogenschießen vor allem die Stabilität des Lösevorganges im Sinne einer guten Reproduzierbarkeit eine wichtige Voraussetzung für hohe mittlere Trefferquoten ist. Dies deckt sich auch mit den Beobachtungen von Edelmann-Nusser, Heller, Hofmann und Ganter (2006), wonach sehr gute Schützen durch einen flüssigeren und gleichmäßigeren Endzug gekennzeichnet sind. Ein Einsatz des Messplatzes in der trainingspraktischen Leistungsdiagnostik im leistungsorientierten Recurve-Bogenschießen auf hohem nationalen bzw. internationalen Niveau erscheint daher grundsätzlich sinnvoll. Um im Rahmen eines Soll-Ist-Wert-Vergleiches genauere Aussagen treffen zu können, sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig.
© Copyright 2012 13. Frühjahrsschule "Informations- und Kommunikationstechnologien in der angewandten Trainingswissenschaft" am 13./14. April 2011 in Leipzig. Veröffentlicht von IAT. Alle Rechte vorbehalten.

Schlagworte: Informatik Software EDV Untersuchungsmethode Messverfahren Computer Biomechanik Messplatz Bogenschießen motorisches Lernen Akustik
Notationen: Naturwissenschaften und Technik technische Sportarten
Veröffentlicht in: 13. Frühjahrsschule "Informations- und Kommunikationstechnologien in der angewandten Trainingswissenschaft" am 13./14. April 2011 in Leipzig
Herausgeber: I. Fichtner
Veröffentlicht: Leipzig IAT 2012
Schriftenreihe: Frühjahrsschule "Informations- und Kommunikationstechnologien in der angewandten Trainingswissenschaft", 13
Seiten: 62-64
Dokumentenarten: Kongressband, Tagungsbericht
Sprache: Deutsch
Level: hoch