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Doping - der Drang zum Betrug

Doping ist in den letzten Jahren zu einem ernsten Thema geworden, das viele Diskussionen im und um den Spitzensport bestimmt. Ist der Spitzensport noch zu retten, und wenn ja wie? Wo fängt Doping an, wann werden Wertevorstellungen verletzt, die den Sport grundsätzlich, aber auch das Miteinanderleben in einem Gemeinwesen insgesamt betreffen? Finden die in den Medien oftmals polarisierend geführten Debatten auch eine Widerspiegelung in dem, was die Bevölkerung und insbesondere die junge Generation denkt? Gibt es unter jungen Frauen und Männern ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein hinsichtlich Doping? Und wenn ja, gibt es hier Unterschiede in der Bewertung des Dopings zwischen Vertretern unterschiedlicher Berufsgruppen, die auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit dem Dopingproblem konfrontiert sind? Diesen und weiteren angrenzenden Fragen zum aktuellen Dopingthema geht die von Andreas Wollin vorgelegte Arbeit nach, in der er die Ergebnisse einer aktuellen Befragung von nahezu 1.000 Studenten präsentiert. Dabei wurden von ihm bewusst Studierende sehr unterschiedlicher Fachrichtungen in seine Analyse einbezogen: - Sportwissenschaftler (von denen hypothetisch angenommen wurde, dass bei ihnen die Akzeptanz des Dopings am größten wäre, da sie am engsten damit konfrontiert sind und der Leistungsgedanke dem Spitzensport immanent ist), - Mediziner (die allein aus ihrer medizinischen Betrachtung das Doping verurteilen sollten, da es große Gefahren für die menschliche Gesundheit impliziert), - Informatiker (von denen er sich eine eher "kühle", naturwissenschaftlich-technisch orientierte Bewertung des Dopingproblems erwartete), - Pädagogen (die aus erzieherischen Denkansätzen und grundlegenden pädagogischen Einstellungen zur Fairness und Gleichbehandlung eine spezielle Sicht auf das Dopingproblem entwickeln könnten) sowie - Theologen (die eine grundlegende geisteswissenschaftliche, auch philosophische Betrachtung des Dopings vornehmen könnten). Der den Studenten vorgelegte Fragenkatalog reichte von der - Beschreibung der Personen, die für das Doping Verantwortung tragen (Athleten, Trainer, Ärzte, Physiotherapeuten, Sponsoren, Medienvertreter…) über den - Wert, den die Befragten mit sportlichen Wettkämpfen verbinden (Unterhaltung, Leistungsstreben, soziale Kontakte…), der - Bereitschaft, selbst Dopingmittel zu nehmen, um (fiktiv) die eigenen Studienleistungen positiv zu beeinflussen, oder selbst einen Weltrekord mit Dopingmitteln aufzustellen, wenn es als sicher gelten würde, dabei nicht erwischt zu werden - den Umgang mit überführten Dopingsündern (Sperren, Rückgabe von Medaillen und Preisgeldern…), bis letztlich zur Frage nach - einem idealen Vorgehen gegen Doping (Legalisierung, Prävention, schärfere Kontrollen, Bestrafungen…). Die Auswertung der Befragungsergebnisse ergab für ausnahmslos alle Studenten eine äußerst geringe Akzeptanz des Dopings, wobei alle die Sportler eher in einer aktiven Rolle, nicht in der von Opfern sahen. Bemerkenswert erscheint dem Autor auch die fehlende Verbindung von passivem Leistungssportkonsum mit der Hoffnung bzw. dem Wunsch nach dem erleben neuer Weltbestleistungen. Dominierend war unter den befragten das Motiv der Unterhaltung und Entspannung, was sowohl für Frauen als auch für Männer zutraf. Die Hypothese, dass Sportwissenschaftler eher geneigt sein könnten, auf Dopingmittel zur nicht erlaubten Leistungssteigerung zurückzugreifen, konnte ebenfalls nicht belegt werden. Insgesamt wurde eine sehr strikte Ablehnung des Dopings deutlich, die gleichfalls in der Forderung sehr harter Bestrafungen mündete, wobei die Sportwissenschaftler auch hier keine liberaleren Positionen als die Studierenden anderer Fachrichtungen vertraten. Insgesamt zeichneten die Untersuchungsergebnisse jedoch ein recht stark beschädigtes Bild des modernen Leistungssports, sind es doch viele Sportarten, von denen die Befragten zur Annahme neigten, dass dort Dopingmittel genommen werden. Und in Sportarten, für dieses nicht so stark vermutet wurde (Mannschaftssportarten und durch Kampfrichter bewertete Sportarten) sind gerade in jüngster Vergangenheit andere Probleme (Stichwort Wettkampfmanipulation) deutlich geworden.
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Schlagworte: Doping Moral Wert Motivation Leistungssport Hochleistungssport Gesetz Recht Theorie Befragung
Notationen: Sozial- und Geisteswissenschaften Sportgeschichte und Sportpolitik Leitung und Organisation
Veröffentlicht: Marburg Tectum 2007
Ausgabe: Marburg: Tectum, 2007.- 248 S.
Seiten: 248
Dokumentenarten: Buch
Sprache: Deutsch
Level: hoch